Verrückt nach Eigenbedarf
Eine 68-Jährige muss aus ihrer Wohnung in Kreuzberg ausziehen, damit ein Nachwuchsgrüner aus München einziehen kann. Der hat große Pläne.
So manche:r Politiker:in hat bestimmt die ein oder andere Geschichte, die sie oder er lieber verschweigen würde. Aber wie wäre es mal mit: „Mein Vater hat eine Rentnerin aus einer Wohnung geklagt, damit ich nach dem Abi dort einziehen kann“ – von einem Grünen?
Klingt absurd und eher nach einem Jungen Liberalen, hat sich aber so zugetragen: Eine 68-Jährige muss ihre Wohnung, in der sie seit 37 Jahren wohnt, bis Ende des Jahres wegen Eigenbedarfs räumen.
Wohnung gekündigt: 68-Jährige wehrt sich gegen Eigenbedarf, muss aber nach 37 Jahren ausziehen
Bei Vermietern beliebt, von Mietern gefürchtet: Eigenbedarfskündigung. Eine ganze Nachbarschaft kommt mit zur Gerichtsverhandlung.
Am Ende dieses Gerichtstags steht ein Vergleich, der aber das Problem nicht löst. „Ich muss damit zufrieden sein“, sagt die 68-jährige Giovanna zu der Einigung, „eigentlich will ich aber bleiben.“ Die kleine dunkelhaarige Frau kam 1980 aus Italien nach Deutschland. Vor 37 Jahren zog sie in die Wohnung in der Manteuffelstraße und wohnt zu einer Miete von unter 400 Euro in einer Wohnung im Hinterhaus. 2021 kam dann das Kündigungsschreiben wegen Eigenbedarfs. Jetzt muss sie also raus aus der Wohnung, obwohl der Gerichtstermin eigentlich gut lief. Sie wirkt munter, aber müde. Kaputte Knie habe sie und auch am Handgelenk trägt die Putzfrau eine Schiene. Giovannas Schicksal ist eins, das bewegt.
Giovanna bleibt nicht
Einigung vor Gericht besiegelt Wohnungsverlust gegen Ausgleichszahlung
Aus dem Artikel:
»Ich will eigentlich dableiben, aber am Ende schmeißen sie mich so oder so raus«, sagt Giovanna »nd« nach der Verhandlung. (...)
»Wo soll Giovanna hin? Sie sucht verzweifelt, aber findet nichts in der Nachbarschaft«, so Carola Rönneburg von der Initiative Gloreiche Nachbarschaft zu »nd«. Die Initiative unterstütze Giovanna, aber bei Eigenbedarfsklagen hätten die gekündigten Mieter*innen kaum eine Chance, so Rönneburg. Das bestätigt auch Giovannas Anwalt Benjamin Herschel. »Es gelingt nur selten, Gerichte davon zu überzeugen, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist«, sagt er.
Weil die Kündigung Giovannas nur wenige Monate nach dem Eigentümerwechsel stattgefunden habe, geht Rönneburg davon aus, dass der Eigenbedarf schon beim Kauf geplant gewesen sei. Dieses Vorgehen findet Rönneburg prinzipiell moralisch verwerflich. »Er hätte auch eine unbewohnte Wohnung für seinen Sohn kaufen können. Die finanziellen Mittel dafür dürfte er haben«, sagt sie.
Sein Vater klagt wegen Eigenbedarf
Rentnerin fliegt nach 37 Jahren aus Wohnung, damit Grüner einziehen kann
Das Wichtigste im Überblick
- Eine Rentnerin aus Berlin muss nun ihre Wohnung aufgeben, in der sie 37 Jahre gelebt hat.
- Der Grund: Ihr Vermieter hat Eigenbedarf angemeldet und klagt sie raus, weil sein Sohn nach Berlin ziehen will, um Nachwuchs-Politiker bei den Grünen zu werden.
Eigenbedarfskündigung nach 37 Jahren: Seniorin zieht aus
Einer Rentnerin wurde nach fast vier Jahrzehnten gekündigt. Nun einigten sich die Parteien vor Gericht. Richtig zufrieden sind die Vertreter der Mieterin nicht.
Vor knapp 37 Jahren zog die 68-jährige Giovanna in ihre Wohnung in Berlin-Kreuzberg. Nun muss sie wegen einer Eigenbedarfskündigung raus. Vor Gericht einigte sie sich am Donnerstag mit dem Vermieter, dass sie zum Ende des Jahres auszieht, dafür aber 30.000 Euro erhält.
Einer Rentnerin wurde nach fast vier Jahrzehnten gekündigt. Nun einigten sich die Parteien vor Gericht. Richtig zufrieden sind die Vertreter der Mieterin nicht.
Die Wohnung ist 2021 von dem jetzigen Besitzer gekauft worden, erklärt Hersch. Kurz danach kündigte er der Mieterin. Er meldete Eigenbedarf an, da sein Sohn aus Bayern nach Berlin kommen wolle, um hier zu studieren. Moheb Shafaqyar, Bezirksverordneter der Linken in Friedrichshain-Kreuzberg, spricht auf Twitter davon, dass der junge Mann für ein Praktikum im Bundestag nach Berlin kommen wolle.
Adventliche Kundgebung in der Manteuffelstraße
Die Initiative GloReiche Nachbarschaft fordert: „Giovanna muss ihre Wohnung behalten!“ Seit 36 Jahren lebt Giovanna in der Manteuffelstraße 51 in Kreuzberg. 2021 kaufte ein Fernsehfilmproduzent ihre Wohnung, die er ihr wegen Eigenbedarf kündigte. Die 68-jährige Rentnerin soll ausziehen, damit der 19-jährige Sohn des Eigentümers einziehen kann. Die Initiative fordert den Eigentümer auf, die Kündigung zurückzunehmen. Gesungen wird auch der „Rebelein-Chanson“
Eigenbedarfskündigung: 68-jährige Mieterin soll in Kreuzberg ausziehen. In ihrem Haus gibt es weitere Fälle.
Die 68-Jährige läuft durch die verregnete abendliche Kundgebung und wirkt verloren. Giovannas Fall ist einer Gründe für eine Zusammenkunft von rund 50 Menschen vor ihrem Zuhause an der Manteuffelstraße in Kreuzberg. Nach 37 Jahren soll sie ausziehen. Der Eigentümer will seinen Sohn dort unterbringen. „Wie soll ich denn in meinem Alter noch einmal eine Wohnung finden?“, fragt die Seniorin. Und auch andere langjährige Bewohner des Gründerzeitgebäudes sollen wegen der Ansprüche der Wohnungsbesitzer weichen.