Ihr habt sicher schon gesehen, dass die Stadt gerade gelb-lila plakatiert ist. Dies soll euch darauf hinweisen, dass am 26.02.2021 die zweite Sammelphase von „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ beginnt.
Hier erstmal etwas Hintergrund:
Ab dem 26.02.2021 werden vier Monate lang Unterschriften gesammelt, um die Zustimmung für einen Volksentscheid zu erhalten, der am 26.09.2021 - dem Super-Wahltag für Bundestag und Abgeordnetenhaus - durchgeführt werden könnte. Bei diesem Volksentscheid sollen die Berliner_innen dann über die Frage entscheiden können, wem relevante Teile des Berliner Wohnraums künftig gehören sollen.
„Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ strebt eine demokratische Vergesellschaftung von Wohnraum an. Bei einem erfolgreichen Volksentscheid würde der Berliner Senat aufgefordert, ein neues Gesetz zu erlassen. Dieses Gesetz soll die Vergesellschaftung der Wohnungen von großen privaten Wohnungsgesellschaften, die jeweils mehr als 3.000 Berliner Wohnungen besitzen, regeln.
Diese Wohnungen sollen dann in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt und einer gemeinwohlorientierten Bewirtschaftung zugeführt werden. Wohnraum, der zu einem erheblichen Teil einmal städtisch gewesen war und privatisiert wurde, soll also ein öffentliches und demokratisch verwaltetes Gut werden.
Die Vision der Initiative ist eine Demokratische Selbstverwaltung, in der Mieter_innen, Senat, Beschäftigte der Gesellschaft und die Stadtgesellschaft gleichermaßen beteiligt sind. Die Vergesellschaftung soll also einen demokratischen Prozess anstoßen, in dessen Zuge und Ergebnis die Berliner_innen als gemeinsame Eigentümer_innen entscheiden können, was mit ihrer Stadt passiert.
Derzeit entscheiden vor allem große Immobilienunternehmen, welche Entwicklung etwa die Mieten in der Stadt oder die Mietgesetzgebung nehmen. Sie nutzen ihre marktbeherrschende Stellung, um beides im Sinne ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung zu beeinflussen. Die Berliner_innen sind in der Folge extremen Mietsteigerungen und Verdrängungspraktiken der Immobilienwirtschaft ausgesetzt.
„Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ sieht in diesen Entwicklungen ein strukturelles Problem einer rein profitorientierten Wohnraumbewirtschaftung. Als einen Weg, diesem strukturellen Problem zu begegnen, schlägt die Initiative nun also die vergesellschaftete und gemeinwohlorientierte Wohnraumbewirtschaftung vor - und stützt sich dabei auf grundlegende Artikel der Berliner Verfassung und des Grundgesetzes:
„Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen“ | Verfassung von Berlin, Artikel 28 | Link
„Jeder Missbrauch wirtschaftlicher Macht ist widerrechtlich.“ | Verfassung von Berlin, Artikel 24 | Link
„Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ | Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 15 | Link
Um auf dieser Rechtsbasis den Volksentscheid über die Vergesellschaftung zu ermöglichen, sind Eure Unterschriften und die von mindestens 170.000 weiteren Berliner_innen bis Ende Juni erforderlich.
Ihr werdet in der nächsten Zeit also viele Menschen treffen, die Unterschriften-Listen für euch bereithalten, sehr wahrscheinlich mehr als einmal. Und da die großen und freien Gelegenheiten derzeit sehr begrenzt sind, werden diese Menschen mit den Listen auch an euren Wohnungstüren klingeln. Zudem wird es Solidarische Orte geben, an denen Listen ausliegen und gesammelt werden. Kreuzberg hat etliche davon - kuckt einfach beim nächsten Café, Bäcker-, Frisör-, Buch- oder Kiezladen und vielen anderen vorbei; online findet ihr demnächst auch eine Karte.
Das Sammeln unter Pandemie-Bedingungen ist sicher schwer, aber möglich. Es gibt ein Hygiene-Konzept der Initiative und ein paar Bitten an Euch: Nutzt die bereitgestellten Desinfektionsmittel vor dem Unterschreiben, habt vielleicht einfach immer einen eigenen Stift dabei, tragt Maske und haltet Abstand. Und bitte seid geduldig, wenn es etwas länger dauert.
Ihr könnt auf der Website auch selbst Listen runterladen, schwarz/weiß und A4 ausdrucken und unterschreiben.
Ausgefüllte Unterschriftenlisten können entweder per Post an die folgende Adresse geschickt werden:
Mietenvolksentscheid e. V. c/o Stadtteilbüro Friedrichshain Warschauer Str. 23 | 10243 Berlin
oder an solidarischen Orten abgegeben werden.
Infos:
Warum enteignen? Die Argumente und Positionen der Initiative findet ihr hier noch einmal übersichtlich aufbereitet und mit Beschlusstexten hinterlegt.
Wie vergesellschaften? Die Vorstellungen der Initiative hierzu findet ihr als Diskussionsvorschlag in der Broschüre „Vergesellschaftung und Gemeinwirtschaft - Lösungen für die Berliner Wohnungskrise“.
Mitmachen? Die vielfältigen Möglichkeiten, die Initiative jenseits der Unterschrift aktiv zu unterstützen, findet ihr hier.
„Deutsche Wohnen & Co enteignen“-App im Google App Store , im Apple App Store oder im Aurora Store verfügbar.