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Gesetzentwurf zur Baulandmobilisierung: Für ein Umwandlungsverbot ohne Ausnahmen

 

AN DIE ABGEORDNET*INNEN DER CDU/CSU, DER SPD, DER GRÜNEN UND DER LINKEN

Berlin, 19.02.2021

 

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,

 

als Initiative aus Berlin-Kreuzberg erleben wir seit geraumer Zeit, wie globale Immobilienkonzerne, aber auch Kleinanleger*innen, durch ihr Profitinteresse unsere Nachbarschaft zerstören. Langjährige Anwohner*innen mussten umziehen, weil ihre Mieten ins Unermessliche gestiegen waren. Andere suchen jetzt verzweifelt nach einer neuen Wohnung, weil sie durch Eigenbedarfskündigungen verdrängt werden sollen. Es herrscht Anspannung unter allen Mieter*innen der Stadt, denn jederzeit kann jede*r das Zuhause verlieren – obwohl alle ihre Miete pünktlich zahlen und nichts weiter wünschen als ein bezahlbares Heim mit der Perspektive, ihre Kinder oder Enkel an einem Ort aufwachsen zu sehen, nicht mehrfach umziehen zu müssen und am Ende vom Rande der Großstadt zur Arbeit pendeln zu müssen, weil ihre Arbeit zwar gefragt ist, ihre Einkommen aber nicht reichen, in der Stadt arbeiten und wohnen zu können.

 

Im Rahmen des Entwurfs für das Baulandmobilisierungsgesetzes soll nun ein neuer Paragraph eingeführt werden: § 250 Absatz 1 und 2 BauGB soll den Ländern ermöglichen, durch Rechtsverordnung Gebiete zu bestimmen, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

 

Die Begründung lautet: „In den Großstädten ist häufig zu beobachten, dass Investoren oder gewerbliche Immobilieneigentümer Grundstücke mit mehreren Wohneinheiten, die ganz überwiegend vermietet sind (Mietshäuser), in Wohnungseigentum umwandeln und die Wohnungen – mitunter nach aufwertender Modernisierung – an Einzelerwerber veräußern.“

 

Alle bisherigen Maßnahmen haben nichts gefruchtet, weiß der Gesetzentwurf: „Auch der Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Kündigungen des neuen Vermieters nach Umwandlung und Veräußerung (§ 577a Absatz 1 BGB) (…) wirkt allerdings nur zugunsten desjenigen Mieters, dem der Wohnraum bei Begründung und Veräußerung des Wohnungseigentums überlassen ist. Zieht der Mieter – gleich aus welchem Grund – aus, so kann der Wohnungseigentümer selbst einziehen oder die leere Wohnung gewinnbringend weiterveräußern. Er hat damit einen nicht unerheblichen Anreiz, den Mieter zum Auszug zu bewegen. Auch das Vorkaufsrecht des Mieters (§ 577 BGB) bietet insbesondere in angespannten Märkten keinen Schutz, da die Mieter die Kaufpreise in der Regel nicht aufbringen können“.

 

Was ist also zu tun? „In den nach § 250 Absatz 1 und 2 BauGB bestimmten Gebieten darf die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum (§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes) an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle erfolgen.“

 

Bis hierhin können wir fast sämtliche Überlegungen nachvollziehen, auch wenn sie Jahre zu spät kommen. Was uns so sehr aufbringt, dass wir Ihnen schreiben, sind die Ausnahmeregelungen im Gesetzentwurf.

 

Denn in § 250 Absatz 3 Satz 1 wird bestimmt, dass eine Genehmigung zur Umwandlung erteilt werden soll, wenn

  • das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll,
  • das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
  • das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll,
  • auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist oder (…)

Wir halten das für eine Handlungsanweisung zur fast vollständigen Aushebelung des Umwandlungsverbots, denn reine Absichtserklärungen der Eigentümer reichen aus:

  • Eine Erbengemeinschaft kann behaupten, dass alle einziehen wollen, und schon sind so viele Wohnungen, wie die Gemeinschaft Köpfe hat, dem Wohnungsmarkt entzogen
  • Angehörige können eingespannt werden, um wie in der Regelung zum Eigenbedarf die Mieter*innen zu benachteiligen
  • Besonders stößt uns die geplante Genehmigung für Umwandlungen auf, nach der Eigentümer*innen erklären können, Wohnungen an zwei Drittel der Mieter veräußern zu wollen. Wir sehen diese absurde Formulierung analog zum berühmten Absatz 6 in § 172 des BauGB, wonach sich der Eigentümer in sozialen Erhaltungsgebieten verpflichtet, "innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an die Mieter zu veräußern.“ Diese Regelung gilt übrigens nicht für Mieter*innen, deren Wohnungen vor dem 14.3.2015 umgewandelt wurden.

Bei uns in Berlin wurde in sozialen Erhaltungsgebieten zwischen 2015 und 2019 die Umwandlung von 18.382 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen genehmigt. Davon waren 17.926 mit der Selbstverpflichtung der Eigentümer*innen verbunden, zunächst nur an Mieter*innen zu verkaufen. Bisher wurden allerdings nur 54 Wohnungen an Mieter*innen verkauft.

 

 

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,

 

Sie werden selbst sehen, dass wir vor einem großen Problem stehen, das durch das vermeintliche Umwandlungsverbot nicht verhindert, sondern genährt wird und zu großen sozialen Verwerfungen führen wird.

 

Wir fordern ein Umwandlungsverbot ohne Ausnahmen.

 

Wir bitten Sie, sich effektiv und nicht nur symbolisch für den Schutz der Mieter*innen vor Umwandlung und Verdrängung einzusetzen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

die GloReiche Nachbarschaft 10999 Berlin

 

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