Gefährder im Görli am 04.10.2019

Vergangenen Freitag okkupierte der rechtsextreme Gefährder Heinz Meyer, Chef von Pegida München, einen Großteil des Görlitzer Parks für seine als Versammlung angemeldete Nazi-Solo-Show. Wir sind zwar erleichtert, dass so viele Anwohner*innen über den ganzen Tag verteilt bei der Gegenkundgebung protestierten, fragen uns aber auch, wieso dieser Spuk in dieser Form ablaufen konnte.

 

 

Wir haben deshalb einen Offenen Brief mit Fragen an Politik und Verwaltung formuliert, den Ihr im Anhang findet: Berlin darf kein Tummelplatz für Nazis werden!

 

 Offener Brief der Initiative GloReiche Nachbarschaft an den Senator für Inneres und Sport, Herrn Andreas Geisel, an die Polizeipräsidentin in Berlin, Frau Dr. Barbara Slowik, und die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Frau Monika Hermann

 

Wir, die Gloreiche Nachbarschaft, sind empört, dass Heinz Meyer, Chef von Pegida München und verurteilter Rechtsextremer, am 4. Oktober 2019 unter Beteiligung eines Großaufgebots Berliner Polizist*innen seine rassistische Propaganda im Görlitzer Park kundtun konnte.

 

Wir sind froh, dass viele Anwohner*innen sich spontan im Park zusammenfanden und mit einer Gegenversammlung ihren Unmut darüber zum Ausdruck brachten und zeigten, dass dieser Kiez und

ganz Kreuzberg mit Rechtsextremen nichts am Hut hat. Genauso froh sind wir, dass am darauffolgenden Tag, bei einer ähnlich provokanten Veranstaltung in der Rigaer Straße, viele Friedrichshainer*innen ihren Unmut zum Ausdruck gebracht haben.

 

Berichten entsprechend und auf Aufnahmen gut dokumentiert, ging die Polizei mit einem Ausmaß

an Brutalität gegen Protestierende vor, das uns immer noch entsetzt. Beide Ereignisse werfen Fragen auf, auf die wir von Politik und Verwaltung Antworten einfordern. Als lokale Kiez-Ini beschränken wir uns auf die Geschehnisse im Görlitzer Park – wir gehen davon aus, dass sich Friedrichshainer*innen zur Rigaer Straße äußern werden.

 

1.

Während das Versammlungsrecht selbstverständlich eine Säule der Demokratie in der BRD darstellt, lässt es den verantwortlichen Behörden dennoch einigen Ermessensspielraum betreffend Anmeldung und Form von Versammlungen und Auflagen bei deren Durchführung.

 

Wieso wurde Heinz Meyer, ein rechtskräftig verurteilter rechtsextremer Gefährder, als geeigneter und zuverlässiger Anmelder dieser Versammlung angesehen? Die Hamburger Polizei hatte eine ähnlich provokante Versammlung vor der „Roten Flora“ verboten – warum entschieden die Berliner

Behörden anders?

 

War es im vorliegenden Fall verhältnismäßig, eine Versammlung von 6 Personen von 140 Polizeikräften schützen zu lassen? Wäre eine Durchführung der Versammlung an einem anderen Ort möglich gewesen, die nicht einen so hohen Polizeiaufwand nötig gemacht hätte, und insbesondere nicht eine Absperrung eines Großteils des Görlitzer Parks erfordert hätte?

 

Warum hat die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg diese Versammlung in der durchgeführten Art und Weise zugelassen? Warum wurde angesichts dieser offensichtlichen Mängel der Anmeldung (in Person des Anmelders) und der geplanten Durchführung (Absperrung eines Großteils des Parks) nicht das Verwaltungsgericht angerufen, um ein Verbot der Versammlung zu

erreichen?

 

Durch die Absperrmaßnahmen der Polizei war der Zugang zu dieser Versammlung nicht möglich. Handelt es sich damit überhaupt noch um eine Versammlung, oder handelte es sich nicht doch um eine Privatveranstaltung, die dem Schutz durch die Versammlungsfreiheit nicht unterliegt?

 

2.

§76 der Bauordnung für Berlin verlangt eine Genehmigung „Fliegender Bauten“. Der Videoaufbau der Pegida München war eine solche – das lässt sich auf Fotos der Veranstaltung eindeutig bestimmen – und damit genehmigungspflichtig.

 

Lag für den Videoaufbau der Pegida München eine solche vor? Wenn nicht, warum hat die Polizei nicht den Abbau dieser Vorrichtung veranlasst?

 

3.

Die Berliner Polizei hat Foto- und Video-Aufnahmen von Teilnehmer*innen der Gegenversammlung gemacht.

 

Das „Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen“ (VersAufn/AufzG BE, GVBl. S. 103) erlaubt das nur unter der Annahme, dass von den Teilnehmer*innen der Gegenversammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgingen. Welche konkreten Anhaltspunkte rechtfertigten diese Annahme?

 

Warum wurde für diese Aufnahmen ein mobiler Videomast benutzt, obwohl Innensenator Geisel ursprünglich vorgesehen hatte, diese nur an kriminalitätsbelasteten Orten und nicht bei Versammlungen einzusetzen?

 

Wir fordern Sie auf, sich zu diesen Fragen zu äußern. Berlin darf kein Tummelplatz für Rechtsextreme werden!

 

GloReiche Nachbarschaft

 

Die GloReiche Nachbarschaft setzt sich für die Belange der AnwohnerInnen und Kleingewerbetreibenden im Reichenberger Kiez ein. Wir treten auch entschieden gegen jede Form der Ausgrenzung von Menschen ohne deutschen Pass ein.